Mit Gründung der Akademiska kapellet in Lund im Jahre 1745 erhielt die Stadt einen musikalischen Akteur, der bis heute aktiv das universitäre und außeruniversitäre Musikleben mitgestaltet. Das drittälteste Orchester Schwedens (nach Kungliga hovkapellet in Stockholm, gegr. 1526 und Kungliga akademiska kapell in Uppsala, gegr. 1627) repräsentiert eine musikalische Institution, deren Produktion und Rezeption in der – von Koselleck als Sattelzeit bezeichneten – Übergangsperiode zwischen 1750‑1850 sowohl als erneuernd als auch bewahrend auf die sich bildende städtische Zivilgesellschaft zurückwirkte. In dieser Funktion ergänzt wird sie durch studentisches Singen, das anfangs in loser, später organisierter Form das Lundenser Musikleben – nicht zuletzt in Form von spezifischen säkularisierten Gesangsritualen – nachhaltig prägte. Studentisches organisiertes Singen in Lund ab den 1830er Jahren ist mit Fragen nach den Möglichkeiten der politischen Vergemeinschaftung durch Gesang unmittelbar verbunden. Der Wandel vom vereinzelten studentischen Singen anlässlich spezifischer Festivitäten in Lund im späten 18. Jahrhundert zum organisierten Männerchorgesang mit nationalsymbolischer Bedeutung ab den 1830er Jahren bis weit über das 19. Jahrhundert hinaus hängt mit einem grundlegenden musikkulturellen Wandel in der europäischen Nachaufklärung zusammen.
Der Beitrag umreißt im ersten Teil die musikalische Tätigkeit der Akademiska kapellet in Lund, besonders in der Anfangszeit ab 1745, und kontrastiert diese gegen einen begriffsgeschichtlich fokussierten zweiten Teil über den Bedeutungswandel von folksång („Volksgesang“) im 19. Jahrhunderts.